Freitag, 20. März 2009

Die 6 Märchen vom Geld

Das 1. Märchen: »Geld arbeitet und vermehrt sich.«

Ja, ja, ich weiß. Alle haben uns das erzählt.
„Lass doch dein Geld für dich arbeiten", heißt es. „Wenn Sie Ihr Geld bei uns anlegen, vermehrt es sich", und so weiter.
Und nun mal ehrlich: wir haben das doch auch geglaubt! Es macht ja auch eine Menge Spaß sich vorzustellen, wie das Geld schuftet, oder noch viiel besser, wie es sich vermehrt! Ja, wenn Geld-Papi und Geld-Mami eine flotte Kontonummer schieben, dann...
Jetzt aber mal im Ernst: Geld arbeitet nicht, und vermehren kann es sich auch nicht! Tut mir leid, aber so sieht es aus. „Aber die Banken zahlen doch Zinsen", werden Sie jetzt sagen. – Wirklich? Die Bank schreibt Zinsen gut, das stimmt. Aber woher hat die Bank das Geld? Von den Schuldnern hat sie es! Die Bank behält davon nur eine Provision, mehr nicht.

Zinsen zahlen also immer nur die Schuldner. Das heißt: Ohne Schuldner keine Zinsen!

Im Klartext: jedem Bankguthaben stehen die gleich großen Schulden gegenüber! Denn nur mit einem Schuldner, der das Geld als Kredit aufnimmt, kommt das Geld zurück in den Wirtschaftskreislauf. Und nur mit einem Schuldner fließen auch Zinsen! Aber mit dem Anwachsen der Geldvermögen durch Zins und Zinseszins wächst auch der Zwang zur Verschuldung immer weiter an – und mit wachsender Verschuldung wiederum die Zinszahlungen, die zu erbringen sind, usw..
Bleibt die Frage, woher schlussendlich der Schuldner das Geld für die aufzubringenden Zinsen hat? Erarbeitet hat er es! Und wenn wir schon dabei sind: Womit bezahlt der Staat eigentlich seine Milliarden an Zinsen? Mit unseren Steuergeldern natürlich. Die wir erarbeitet haben! Und die Unternehmen? Die rechnen ihre Kapitalkosten (so werden die Zins-Zahlungen dann genannt) in die Preise ein, versteht sich. Das bedeutet: auch wer keine Schulden hat, zahlt Zinsen, und zwar fleißig!

So läuft das nämlich: Geld arbeitet nicht, und vermehren kann es sich auch nicht. Zinsen werden – wie alles andere auch – mit Geld bezahlt, das erarbeitet wurde!

Auf diese Weise fließt das Geld von der Arbeit zum Kapital, von der Mehrheit zu einer Minderheit, von Arm zu Reich! Nicht nur bei uns, sondern überall auf der Welt, und über alle Grenzen hinweg. Und weil mit den Geldvermögen gleichzeitig die Schulden, und damit wiederum die Zinstransfers wachsen, beschleunigt sich dieses System aus sich selbst heraus, und schaukelt sich immer weiter auf.
Eine wirklich lustige Sache, die wir da erfunden haben...

Das 2. Märchen: »Es ist kein Geld mehr da ...«

Aha! Und wo ist es hin? Mittlerweile vergeht ja kaum ein Tag, ohne dass uns irgendwer erzhält, es sei kein Geld mehr da, und dass deshalb gekürzt werden muss. Nur, wo das Geld hin gekommen ist, verrät uns keiner. Schon seltsam.
„Der Staat hat kein Geld mehr", sagen die Politiker. „Die Leute haben kein Geld mehr (zum ausgeben)", sagen die Händler. „Nehmen Sie doch einen Kredit auf", sagen die Banken...

„Der Staat hat zuviel ausgegeben", heißt es, „und deshalb ist kein Geld mehr da". Na klar, versteht doch jeder... Eine Frage: Seit wann kann man Geld durch Ausgeben zum Verschwinden bringen? Wenn Sie Ihrem Bäcker fünf Euro geben, dann sind die fünf Euro ja damit nicht verschwunden, sondern haben nur (im Tausch gegen Waren) den Besitzer gewechselt. Und das ist schließlich Sinn und Zweck des Geldes.

Geld verschwindet nicht! Jedenfalls nicht wirklich. Es sei denn, Sie verbrennen Bargeld!

Alleine die Tatsache, dass sich der Staat (und nicht nur bei uns) Jahr für Jahr neues Geld leiht beendet das Märchen ( oder doch besser: die Lüge) vom Geld, das nicht mehr da ist. Man kann sich schließlich nur leihen, was da ist. Also ist eine ganze Menge da. Zudem hat sich die Geldmenge in den letzten Jahrzehnten immer weiter erhöht, nicht vermindert!
Was ist nun mit dem Geld? Geld ist reichlich da, bei uns, und auch global gesehen. Und wenn die Mehrheit, einschließlich Staat und Komunen, nichts oder immer weniger hat, ist klar, dass es woanders hinfließt: zu einer Minderheit!
Etwa 90% des Kapitals befindet sich in den Händen von 10% der Menschen! Die große Mehrheit darf sich mit dem Rest vergnügen! Und diese Diskrepanz vergrößert sich auch noch von Tag zu Tag.
Es ist also weder ein Wunder, noch ein Zufall, dass der Geldkreislauf, und damit die ganze Wirtschaft ins Stocken gerät, und früher oder später zu schweren Krisen führt - es ist schlichtweg die logische Konsequenz.

Aber wie ist es zu dieser Verteilung gekommen? Wie ist es möglich, dass innerhalb von Jahrzehnten eine Geldmäßige Kollapssituation entstehen kann? (Oder wie würden Sie Ihren Zustand beschreiben, wenn sich 90% des Blutes in Ihren Füßen sammelt?)

Auf ganz legale Weise! Und wie, dass habe ich schon im ersten Märchen angedeutet: durch Zins und Zinseszins sind die Geldvermögen explosionsartig gewachsen, und die gleich großen Schuldenberge auf der anderen Seite. (Zur Erinnerung: ohne Schuldner, keine Zinsen!) Weil Kredit-Schulden immer auch Zins-Schulden bedeuten, wachsen diese auch.
Die Folgen Stellen Sie sich die volkswirtschaftliche Leistung, also das Sozialprodukt, doch einmal als Kuchen vor. Dieser Kuchen sind 100%, und jeder Kuchen kann bekanntlich nur einmal verteilt werden. Weil aber das Kuchenstück „Kapitalerträge" (also Einkommen ohne Leistung) immer größer wird, muss das Stück „Arbeit" (Einkommen durch Leistung) zwangsläufig immer kleiner werden. So fließt bereits 1/3 des Volkseinkommens an das Kapital; der große Teil in Form von Zinsen
Jetzt wissen Sie, wo das Geld steckt, und warum bei den Menschen gespart werden muss: Damit das Kapital bedient werden kann! Und das Kapital wird immer bedient. Das gilt für den Staat genauso, wie für die Unternehmen Aber darüber wird nicht gesprochen! Statt dessen wird über zu hohe Löhne und Sozialausgaben gejammert. Und natürlich darüber, das kein Geld mehr da wäre.

Würden sich die Kapitalerträge gleichmäßig verteilen, wäre es natürlich kein Problem. Dann wäre es ein reines Tauschgeschäft, und letztlich ein Nullsummenspiel. Tatsächlich zahlt aber die Mehrheit (und dazu gehören auch kleine und mittlere Unternehmen) über Preise, Mieten, Steuern und Schulden mehr Zinsen, als sie je bekommt, und nur eine Minderheit macht tatsächlich Gewinn. Kurz: Das Geld konzentriert sich immer stärker bei immer weniger Menschen, – die Mehrheit arbeitet für eine Minderheit, und wird dabei immer ärmer.
Weil aber eine immer weiter fortschreitende Verarmung nicht sein darf, da ja sonst die Wirtschaft zusammenbricht, muss eben der ganze Kuchen immer größer und größer werden!
Und wie nennen wir das klugscheißerisch? Richtig: Wirtschaftswachstum!

Das 3. Märchen: »Wirtschaftswachstum löst unsere Probleme!«

Genau deshalb jagen ja Politiker und Wirtschafts-Waise wie wild die Wachstums-Sau durchs Land. Denn wenn der Kuchen nicht mehr wächst, frisst das Kapital uns buchstäblich auf. Darum müssen wir immer mehr leisten, immer mehr verkaufen und verbrauchen!
 Aber dieser Zusammenhang wird gewissenhaft verschwiegen. Wenn es überhaupt eine „Begründung" zu hören gibt, dann so etwas wie: „damit es wieder aufwärts geht", „wegen der Arbeitsplätze", „damit es etwas zu verteilen gibt"...
So gut wurden wir geimpft, dass kaum einer nach dem Irr-Sinn von ständigem Wachstum fragt. Es ist so selbstverständlich, dass niemand die Frage wagt, warum es denn weniger zu verteilen gibt, wenn die Wirtschaftsleistung gleich bleibt. Warum wir immer mehr schaffen müssen. Und obwohl es für unsere Gesundheit und unseren Planeten nötige wäre, auf die Bremse zu treten – wir können nicht! Unsere Zinswirtschaft (gerne auch Kapitalismus genannt) zwingt uns zu einem permanenten Wirtschaftswachstum – ob wir wollen oder nicht.

Und jetzt die schlechten Nachrichten: Erstens: Auch bei beständigem Wirtschaftswachstum kommt es letztlich zum Zusammenbruch! Warum? Weil die Geldvermögen (und damit auch die Zinsansprüche) durch Zins und Zinseszins exponentiell wachsen, was nichts anderes heißt, als eine fortwährende Verdoppelung alle paar Jahre. Kein Wirtschaftswachstum der Welt kann das ausgleichen!

Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich in sieben Jahren nicht ein neues Auto zulegen, sondern zwei. Und weitere sieben Jahre später vier. Nach 28 Jahren sind es dann bereits 16 Autos, die sie als braver Konsument anschaffen müssten... Schaffen Sie locker? Ihr Nachbar aber nicht! Also müssen Sie für ihn mitkaufen...
Die Geldvermögen einer Minderheit wachsen also exponentiell, und damit auch die Zinsgutschriften, die von der Mehrheit erarbeitet und bezahlt werden müssen. Darum muss die ganze Wirtschaft wachsen, um die Kaufkraftverluste der Mehrheit durch höhere Löhne ausgleichen zu können. Unsere Wirtschaft kann aber auf Dauer maximal linear wachsen! Wir haben also schon rein mathematisch keine Chance den Kuchen so schnell wachsen zu lassen, wie es nötig wäre.
Die zweite schlechte Nachricht: Ständiges Wachstum ist unmöglich!
Was bedeutet eigentlich „Wirtschaftswachstum"? Es bedeutet ganz einfach gesagt, in einem bestimmten Zeitraum mehr zu produzieren (und zu verkaufen), zu Bauen, Dienstleistung zu erbringen als im Jahr davor.

Und jetzt die Frage: Wie soll das auf Dauer gehen? Wir leben auf einem begrenzten Raum (unserer Erde), mit begrenzten Rohstoffen. In der Natur gibt es deshalb nichts, was ständig wächst. Jeder Mensch und jedes Tier hört bei Zeiten auf zu wachsen – und das ist auch gut so, sonst wären wir längst ausgestorben. Wenn ein Organismus ungehemmt wächst, spricht man zurecht von einer Entartung oder sogar von einem bösartigen, weil zerstörerischen Prozess. Ständiges Wachstum, auf begrenztem Raum, ist widernatürlich, und führt zur Selbstzerstörung!

Weil aber unsere Wirtschaft nur bei beständigem Wachstum funktioniert, sind wir dazu verdammt immer mehr und mehr zu schaffen, auch dann, wenn der Bedarf längst gedeckt ist. Deshalb müssen wir auch Dinge produzieren, die wir gar nicht brauchen. Und wenn das Zeug schnell kaputt geht, um so besser, dann kann man es durch neues ersetzen. Und weil wir nicht doof sind, haben wir die Wegwerf-Produkte erfunden, die Verpackungsindustrie, und – die Globalisierung.

Wenn Zuhause keiner mehr was kaufen kann, oder will, dann eben die anderen Länder. Dumm nur, das alle Industrienationen unter Wachstumszwang stehen. Also gibt es einen Kampf – pardon – Wettbewerb, wer sein Zeug verkauft bekommt, und wer in die Röhre schaut. Darum fordern tatsächlich manche Politiker (und andere Fachleute), dass die Welt-Wirtschaft wachsen müsse! Bitte, wohin denn? Was denn? Und was kommt nach der Globalisierung? (Bild meldet: »Riesen-Auftrag vom Mars – endlich wieder Wirtschaftswachstum!«)
Klar, der letzte Satz war nur Spass ...


Das 4. Märchen: »Nur Einsparungen und Kürzungen lösen unsere Probleme.«

Eines der beliebtesten Märchen; vor allem derer, die davon profitieren...
So erzählt man uns gerne, die hohen Sozialausgaben wären das größte Problem, und deshalb müsse hier gespart (gekürzt!) werden.
Doch sind sie wirklich ein so großes Problem? Was macht denn der Sozialhilfeempfänger mit den paar Kröten, die er bekommt? Richtig, ausgeben! Und damit bringt er das Geld in den Wirtschaftskreislauf zurück, und ermöglicht dadurch anderen Menschen Arbeit und Lohn! Das ist doch genau was wir brauchen!

All die Einsparungen und Kürzungen sind letztlich die Folge unseres Geldsystems, bei dem die Geldvermögen (und die Schulden) immer schneller wachsen, und für die Arbeit (Bildung, Kultur, Soziales...) immer weniger Geld bereit steht. Eine Lösung sind sie nicht!
Dass man uns die Kürzungen bei der Mehrheit der Menschen, die ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen oder verdient haben, als Heilanwendung verkauft, während das Kapital immer bedient wird, ist nicht nur zynisch, sondern falsch!
Kürzungen, egal ob nun direkte oder indirekte, bedeuten ja nichts anderes als weniger Geld für den Einzelnen. Weniger Geld heißt aber gleichzeitig weniger Nachfrage – oder neue Schulden. Sinkende Nachfrage führt letztlich zu fallenden Preisen, zunehmender Arbeitslosigkeit, weiterer Verschuldung usw. Wohin eine konsequente Sparpolitik führt, kann man gerade in Brasilien beobachten. Dort ist die Arbeitslosigkeit inzwischen bei einer Quote von 25% angekommen. Darum werden die Versuche zu sparen meist recht schnell wieder aufgegeben. Spätestens dann, wenn die Politiker bemerken, dass man damit eine Wirtschaft zusammenbrechen lassen kann.

Apropos: Einen Kapitalismus ohne Schulden gibt es genauso wenig wie einen Gewinn ohne Verlust! Ganz im Gegenteil: damit die Geldguthaben mit Zinsen bedient werden können, braucht es Schuldner, um die Zinsen zu bezahlen. Zahlt einer (z.B. ein Unternehmen) seine Schulden zurück, muss nun ein anderer die Schulden „übernehmen", um das angelegte Kapital weiterhin mit Zinsen zu bedienen. Schulden-Abbau ist – global gesehen – nicht möglich. (Ausser durch die massive Vernichtung von Kapital)
Um es kurz zu machen: Immer neue Schulden und ständiges Wirtschaftswachstum sind der einzige „Ausweg" den uns unser Geld/Wirtschaftssystem lässt.


Das 5. Märchen: »Längere Arbeitszeiten lösen unsere Probleme.«

Ein Ruf, der immer wieder laut wird; interessanterweise immer dann am lautesten, wenn die Nachfrage ohnehin stagniert. Doch welchen Sinn macht es da mehr und länger zu arbeiten? Mehr arbeiten heißt doch: mehr produzieren, mehr Leistung bereitstellen. Doch was nutzt das, wenn niemand die Leistung abrufen (kaufen, bezahlen) kann, oder will?

Die Lager sind doch voll, der Preiskampf tobt. Wenn wir noch mehr über den Bedarf produzieren, fordern wir die Deflation geradezu heraus, und damit eine prima Abwährsspirale in Richtung Krise oder Zusammenbruch.

Mehrarbeit macht für die Unternehmen – bei stagnierender oder rückläufiger Nachfrage nur Sinn, wenn dafür Arbeitsplätze eingespart werden. Letztlich sind längere Arbeitszeiten (bei altem Lohn) wiederum nur versteckte Einsparungen, dh. Kürzungen, weiter nichts.

Mit den dadurch sinkenden Kosten, lassen sich natürlich der ein oder andere Arbeitsplatz kurzfristig erhalten, aber nicht mehr. Die Ursache für zunehmende und wiederkehrende wirtschaftlichen Krisen beseitigen sie nicht. Die resultieren aus der fortwährenden, und immer schneller anwachsenden Umverteilung des Geldes von der Arbeit zu Kapital, und dem wachsenden Druck des Kapitals auf die Arbeit. Und wenn schließlich immer weniger Menschen unser Sozialprodukt erwirtschaften, wird die Zahl der Arbeitslosen weiter steigen.
Der Ruf nach längeren Arbeitszeiten ist eine weitere (hilflose) Reaktion, auf den wachsenden Druck des Kapitals.




Das 6. Märchen: »Es sind die immer wieder auftretenden Wirtschaftskrisen, die sich auf unser Geld auswirken. Das ist unvermeidlich!«

Tatsächlich? Und was ist mit dem Geld selbst? Alles in Ordnung?

Geld ist das Tauschmittel für Waren und Leistungen, das Blut für die Wirtschaft. Ohne funktionierenden Geldkreislauf gibt es keine dauerhaft funktionierende Wirtschaft.
Nicht die Menschen, und nicht die Arbeit sind das Problem, sondern unser Geld, mit dem die Arbeit bezahlt wird! Wird mit dem Geld natürlich Geld „bezahlt", und das in immer schneller wachsendem Ausmaß, muss die Wirtschaft, also der Austausch von Waren und Leistungen – letztlich – zusammenbrechen.
Es ist also umgekehrt: Die Krisen unseres Geldsystems wirken sich auf unsere Wirtschaft aus! Und ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass Zinsgeldwirtschaften fast ausnahmslos nach einigen Jahrzehnten in Zusammenbrüchen und Kriegen endeten.
Von der großen ökologischen Katastrophe, die uns durch das ständige wirtschaftliche Wachstum droht, noch gar nicht zu reden!

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