Donnerstag, 16. April 2009

Obamas Rettungsplan für die Banken: keine Lösung, sondern legaler Diebstahl

Obamas Finanzminister Tim Geithner hat soeben einen neuen Rettungsplan für die US-Banken vorgestellt, der dieses Mal angeblich eine Billion Dollar kosten soll. Kein Geringerer als der US-Präsident selbst erklärte seinen Mitbürgern, dies sei ein wichtiger Schritt zur Lösung der Krise, die Amerikas Wirtschaft in den freien Fall gestürzt hat – den schlimmsten seit den 1930er-Jahren. Auch die übrige Welt, die bekanntlich an das Dollar-System gekoppelt ist, ist ebenfalls bedroht. Geithners jüngster Plan ist jedoch alles andere als »die Lösung«; es ist nur ein weiterer gefährlicher Plan, die wenigen Schuldigen in den großen Wall Street-Banken zu belohnen – mit enormen Kosten für den amerikanischen Steuerzahler und mit der Gefahr einer zukünftigen weltweiten Inflation.

Finanzminister Geithner hat gerade seinen lang erwarteten Plan zur Lösung der immer schlimmer werdenden Bankenkrise der USA vorgestellt. Er wird irreführenderweise als »Öffentlich-Private Partnerschaft« (im Deutschen ist auch der englische Ausdruck »Public Private Partnership« gebräuchlich) bezeichnet. Damit wird die Illusion erzeugt, man bitte private Investoren, einen Teil der anfallenden Lasten zu übernehmen. Bei einer genaueren Untersuchung zeigt sich aber, dass dieser Eindruck völlig falsch ist. Gemäß dem neuen Plan sollen Investoren wie beispielsweise Hedgefonds oder andere etwa zehn Prozent der Vermögenswerte aufbringen, die sie von einer Bank kaufen. Die Federal Reserve soll die restlichen 90 Prozent übernehmen, zum Marktwert oder zu einem geringeren Preis.

Legaler Bankraub

Der springende Punkt dieses Plans – der eigentlich nichts anderes ist als legaler Raub am amerikanischen Steuerzahler – liegt darin, dass derselbe amerikanische Steuerzahler das Risiko für alle Verluste tragen soll. Die Investoren, die nur eine kleine Investition aus ihren eigenen Taschen bestreiten und 90 Prozent der Gelder von der Zentralbank erhalten, werden atemberaubende Profite einstreichen, sobald die Anlagenpreise langsam wieder steigen. Die Hedgefonds haben keinerlei Risiko und können auf geradezu unanständige Profite hoffen. Der Plan ist nur eine erweiterte Version des 700 Milliarden Dollar schweren »Troubled Asset Recovery Program« (TARP) des früheren Finanzministers Henry Paulson. Er sieht vor, dass Amerikas Steuerzahler zum jetzigen Zeitpunkt 1,7 Billionen Dollar für Finanzspritzen (»Bailouts«) von Banken stemmen müssen, die seit dem vergangenen Oktober als Verluste bei einer Handvoll Großbanken angefallen sind, die das öffentliche Vertrauen missbraucht haben. Diese Banken hätten spätestens seit dem letzten September von den Regulierungsbehörden übernommen werden müssen, wie es die amerikanischen Konkursgesetze vorsehen; sie hätten für bankrott erklärt werden müssen, um den Schaden mit geringstmöglichen Kosten wiedergutzumachen.

Eine amerikanische Karikatur über den Steuerschwindel-Skandal von US-Finanzminister Geithner als »Qualifikation« für den Job.

Der Diebstahl wird dadurch noch ungeheurer, dass das US-Finanzministerium von einem Preis von 80 Prozent des ursprünglich angenommenen Wertes der »Giftmüll«einlagen der Banken ausgeht. In Wirklichkeit sind die verbrieften Hypothekenanleihen und andere exotische Anlagewerte schon jetzt am Markt praktisch unverkäuflich – und angesichts des Wirtschaftskollapses in den USA verlieren sie täglich weiter an Wert. Deshalb sollten sie mit null statt mit 80 Prozent bewertet werden. Geithners Plan bewertet diese Anlagen mit erstaunlichen 80 Prozent, während die Finanzmärkte selbst derzeit lediglich von 30 Prozent ausgehen. Das bedeutet, dass die Aktionäre von Banken wie Citigroup, Bank of America, Goldman Sachs und anderen Finanzinstituten sich auf weitere Gewinne freuen können, zusätzlich zu den Unsummen, die sie seit vergangenem September bereits von der Regierung erhalten haben – und auch zusätzlich zu den gewaltigen Profiten, die sie beim Handel mit Giftmüllanlagen in Billionenhöhe im Laufe der letzten zehn Jahre gemacht haben.

Geithners falsche Annahmen

Wie ich in meinem neuen Buch Der Untergang des Dollar-Imperiums dargelegt habe, ist die Finanzpolitik der US-Regierung seit der Schaffung der privaten Federal Reserve im Dezember 1913 Geisel der wachsenden Macht der Wall Street. Obamas Finanzteam stellt nun sicher, dass nur eine solche Lösung vorgeschlagen wird, welche die Wall Street belohnt, so wie man es bereits von Bushs Finanzminister Henry Paulson, dem Wall Street-Insider, gewohnt war.

Geithner ist der Wunschkandidat der Wall Street und der Großbanken, die ursprünglich für das Debakel von Verbriefung und Subprime-Hypotheken verantwortlich waren. Bevor er nach Washington kam, war Geithner Präsident der Federal Reserve Bank of New York. Gemeinsam mit Fed-Chef Bernanke und Paulson entschied er im vergangenen September, dem Versicherungskonzern AIG aus der Patsche zu helfen und das altehrwürdige Investmenthaus Lehman Brothers bankrott gehen zu lassen. Rückblickend sieht es immer mehr so aus, dass mit der Entscheidung, Lehman Bros. fallenzulassen, gezielt das Krisenklima erzeugt werden sollte, in dem man das 700 Milliarden Dollar schwere TARP-Programm durch den Kongress peitschen konnte.

Dieses Mal entwickelt sich jedoch eine Stimmung von Empörung und Wut über die ewigen »Bailouts« für die Banken, während die US-Realwirtschaft kollabiert. Es kommt zu immer mehr Protestdemonstrationen gegen AIG, und in vielen Städten der USA hat es bereits sogenannte »Tea Parties« gegeben – also Protestaktionen wie die legendäre Boston Tea Party von 1776, bei der als Indianer verkleidete amerikanische Bürger als Protest gegen die von England ohne Zustimmung der Kolonien erhobene Teesteuer tonnenweise britischen Tee in den Bostoner Hafen kippten. Bislang sind diese Proteste friedlich verlaufen, aber der Ärger ist explosiv und macht sich langsam auch im Kongress bemerkbar. Auch in den amerikanischen Medien wächst die Kritik an Geithner und Obama, denn beide werden entweder als inkompetent oder als Werkzeuge von »Big Money« angesehen. Geithners jüngster Plan nährt diesen Verdacht.

Die Proteste der Steuerzahler gegen die nicht enden wollenden »Bailouts« für Amerikas Banken werden im ganzen Land immer häufiger und stärker.

Der jüngste Finanzplan ist so unverfroren, dass angesehene Ökonomen wie Joseph Stiglitz ihn als »Raub am amerikanischen Volk« verurteilen. Der Plan sieht vor, dass die Banken wieder Kredite an die Wirtschaft vergeben, sobald sie die schlechten Anlagewerte losgeworden sind. Geithner weiß genau, dass das nicht stimmt. Die Verbraucher haben im Verlauf der letzten zehn Jahre durch Eigenheimhypotheken, Kreditkarten und Bankkredite Rekordschulden aufgehäuft. Wegen des Wirtschaftskollapses und der steigenden Arbeitslosigkeit bricht all dies nun zusammen. Die Banken gewähren den Verbrauchern und den Unternehmen keine Kredite mehr, weil sie weitere Verluste befürchten, da die Wirtschaft noch tiefer in die Depression rutscht.

Laut Geithner sind die schlechten Anlagewerte der Banken »schlecht« (bad), weil der Markt ihren wahren Wert nicht verstünde. In Wahrheit sind sie schlecht, weil sie weniger wert sind als von den Banken behauptet. Die Eigenheimpreise sind in den ganzen USA um fast 30 Prozent gefallen – ein Verlust von sechs Billionen Dollar allein an Wohnimmobilien seit deren Höchststand von etwa 20 Billionen Dollar. Die US-Banken wollen ihren Anteil an den Verlusten nicht tragen, weil ihnen das den Garaus machen würde. Deshalb bürden sie und Geithner den Steuerzahlern die Verluste auf. Es wird vielleicht zehn Jahre dauern, bis sich die amerikanischen Verbraucher aus der Schuldenfalle befreit haben. Nach Geithners Plan verschwinden die Schulden nicht, sondern werden lediglich von den Banken auf den Steuerzahler übertragen, und dass mitten in einer Depression.

Kurz: die US-Regierung hat keine Lösung für das Bankendesaster parat. Die amerikanische Öffentlichkeit ist empört und der Kongress wütend; der Präsident ist ängstlich und desorientiert. Die USA sind in der Sackgasse und fordern nun, dass Deutschland und die übrige Welt ihnen zu Hilfe kommen. Beim Gipfeltreffen der G-20 Anfang April wird Obama nicht behaupten können, er habe das Problem im Griff. Das ist zimlich beunruhigend.

Das »kleine schmutzige Geheimnis« von US-Finanzminister Geithner

US-Finanzminister Tim Geithner hat vor Kurzem seinen langerwarteten Plan bekannt gegeben, mit dem er das US-Bankensystem wieder in Ordnung bringen will. Dabei hat er es allerdings sorgsam vermieden, das »kleine schmutzige Geheimnis« des derzeitigen Finanzsystems zu enthüllen. Mit dieser Unterlassung versucht er, de facto bankrotte US-Banken zu retten, deren Schieflage das gesamte globale Finanzsystem im Zuge einer neuen und noch viel verheerenderen Phase der Vermögenszerstörung zum Einsturz zu bringen droht.

Geithners jüngster Plan, sein sogenanntes »Öffentlich-Privates Partnerschafts-Investmentprogramm« (engl. PPPIP) ist – wie wir bereits in dieser Stelle (siehe oben) dargelegt haben – aber nicht entwickelt worden, um ein gesundes Kreditsystem wiederherzustellen, mit dem Geschäftskredite an Amerikas Unternehmen und Verbraucher ausgegeben werden könnten. Stattdessen ist das Ganze ein weiteres undurchsichtiges System, um noch weitere viele hundert Milliarden Dollar direkt den führenden US-Banken und anderen Wall-Street-Häusern zuzuschustern – also ausgerechnet den Finanzinstituten, die für das augenblickliche Chaos auf den Weltkreditmärkten verantwortlich sind –, und zwar ohne von ihnen eine Änderung ihrer Geschäftspraktiken zu verlangen. Trotzdem mag sich mancher fragen: »Aber vielleicht hilft das ja, die Banken wieder gesund zu machen?«

Nicht mit den Maßnahmen, die jetzt die Obama-Administration in Gang gesetzt hat. Kürzlich hat Geithner, ein Protégé von Henry Kissinger und bis vor Kurzem noch Chef der New Yorker Federal Reserve Bank, im amerikanischen Fernsehen seinen Plan mit dem Argument verteidigt, es sei nicht seine Absicht, »schwache Banken auf Kosten der starken zu erhalten«. Doch genau das passiert mit dem jetzt verfolgten PPPIP. Die schwachen US-Banken sind die fünf größten Bankhäuser im ganzen US-Finanzsystem.

Das »kleine schmutzige Geheimnis«, das Geithner der amerikanischen Öffentlichkeit unter allen Umständen vorenthalten will, ist im Grunde ebenso offensichtlich wie einfach zu verstehen. Es gibt vielleicht höchstens fünf US-Banken, die den ganzen Giftmüll produziert und überall hin verstreut haben, durch den das ganze globale Finanzsystem infiziert und in die derzeitige Schieflage gebracht wurde. Und Geithner versucht jetzt verzweifelt zu verhindern, dass diese simple Wahrheit ans Tageslicht kommt. Im Kern geht es bei der jetzigen Krise um eine ganze Bandbreite von exotischen Finanzderivaten, und insbesondere um die sogenannten »Credit Default Swaps« (CDS), d.h. um Derivatgeschäfte im Zusammenhang von Kreditausfällen. Das ist gleichzeitig auch der Grund dafür, warum das Problem jetzt nicht (wie in früheren Bankenkrisen) in normalen Kreditausfällen besteht.

Im Jahre 2000 – also unter US-Präsident Bill Clinton – hieß der US-Finanzminister Larry Summers. Kurz zuvor war dieser Summers, Finanzstaatssekretär von Robert Rubin – selbst ehemaliger Wall-Street-Banker, der vor seinem Job als Clintons Finanzminister bei dem Investmenthaus Goldman Sachs unter Vertrag gewesen war – von der Nr. 2 im US-Finanzministerium zur Nr. 1 aufgestiegen, als Robert Rubin seinen Ministerposten in Washington aufgab, um Vizepräsident der Citigroup zu werden. Wie ich in meinem gerade erschienenen Buch Der Untergang des Dollar-Imperiums darlege, überzeugte Larry Summers den damaligen US-Präsidenten, einige von den Republikanern eingebrachte Gesetzesvorlagen zu unterzeichnen, die für die Banken die Schleusentore öffneten und ihnen erlaubten, ihre Machtbefugnisse zu missbrauchen. Die Tatsache, dass die Großbanken der Wall Street etwa fünf Milliarden Dollar für die Lobbyarbeit ausgaben, damit diese Gesetze, die gegenüber dem Jahre 1998 gravierende Änderungen bedeuteten, vom US-Kongress verabschiedet wurden, dürfte Clinton sicherlich nicht verborgen geblieben sein.

Zu diesen wichtigen Gesetzen gehörte die Außerkraftsetzung des »Glass-Steagall Acts« aus dem Depressionsjahr 1933. Dieses Gesetz verfügte eine klare Trennung zwischen amerikanischen Geschäftsbanken, Versicherungsgesellschaften und Investmenthäusern, sodass eine Fusion der US-Geschäftsbanken mit Finanzinstituten wie Merrill Lynch oder Goldman Sachs verboten war. Ein weiteres Gesetze, das Finanzminister Larry Summers im Jahre 2000 unterstützte, war der obskure »Commodity Futures Modernization Act of 2000«, dessen Verabschiedung sich im weiteren Verlauf als geradezu tödlich für das Finanzsystem herausstellen sollte. Laut diesem Gesetz durfte die zuständige Regulierungsbehörde der US-Regierung für den Warenterminhandel, die Commodity Futures Trading Corporation (CFTC), keinerlei Aufsichtsfunktionen mehr über den Handel mit Finanzderivaten ausüben. Dieses neue CFMA-Gesetz legte fest, dass die sogenannten »Over the Counter« (OTC), d.h. außerbörslich gehandelten, Finanzderivate nicht unter die Regulierungsmaßnahmen der US-Regierung fielen – und dazu gehörten z.B. die genannten Credit Default Swaps (CDS), die u.a. das ganze Desaster bei dem US-Versicherungskonzern AIG angerichtet haben (und die der bekannte Großinvestor Warren Buffet einst als »finanzielle Massenvernichtungswaffen« bezeichnete).

Zu dem Zeitpunkt, als Summers damit beschäftigt war, in den USA die Finanzschleusen zu öffnen, damit die Finanzelite der Wall Street, der sogenannte »Money Trust«, ihr Unwesen treiben konnte, half ihm dabei niemand anderer als Timothy Geithner, der heutige US-Finanzminister. Geithners damaliger Boss, Larry Summers, ist heute als Chef des Wirtschaftsrates im Weißen Haus der wichtigste Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama. Geithner und Summers gemeinsam die Verantwortung für die Aufarbeitung des ganzen Finanzschlamassels zu übertragen, ist tatsächlich das Gleiche, wie ausgerechnet dem Fuchs die Bewachung des Hühnerstalles anzuvertrauen.

Das »kleine schmutzige Geheimnis«

Was die Öffentlichkeit nach Geithners Absicht auf keinen Fall erfahren, geschweige denn verstehen, soll, ist sein »kleines, schmutziges Geheimnis«: nämlich die Tatsache, dass die Außerkraftsetzung des »Glass-Steagall Acts« und die Verabschiedung des »Commodity Futures Modernization Acts« – beides erfolgte am Jahre 2000 – die Bildung einer kleinen Gruppe von US-Großbanken ermöglichte, die praktisch die entscheidenden Bereiche der »außerbilanzlichen« und »außerbörslichen« globalen Herausgabe von Finanzderivaten monopolisieren, d.h. vollständig kontrollieren konnte.

Laut den Daten im gerade veröffentlichten Vierteljahresbericht des amerikanischen Bundesrechnungshofes (Quarterly Report on Bank Trading and Derivatives Activity des Federal Offices of the Currency) halten fünf US-Banken insgesamt 96 Prozent der nominellen Derivatpositionen aller US-Banken, und erschreckende 81 Prozent des gesamten Netto-Kreditrisikos, falls es zu Ausfällen auf diesem Gebiet kommt.

Diese fünf US-Banken – in der (absteigenden) Reihenfolge ihrer Wichtigkeit für das Gesamtsystem – sind: JP Morgan Chase mit atemberaubenden 88 Billionen Dollar an Derivaten (das sind umgerechnet ca. 66 Billionen Euro!); Bank of America mit 38 Billionen Dollar an Derivaten; und die Citigroup als Nummer drei mit 32 Billionen Dollar. Die Nummer vier in dieser Rangfolge ist Goldman Sachs mit »nur« 30 Billionen Dollar an Derivaten. Numero fünf, die fusionierte Wells Fargo-Wachovia Bank, ist mit rund fünf Billionen Dollar an Derivaten im Vergleich zu diesen ersten vier fast schon ein kleiner Fisch. Das Gleiche gilt für die Nummer sechs auf dieser Liste, die britische HSBC-Bank USA, die 3,7 Billionen Dollar an Derivaten in ihren Büchern stehen hat.

Nach diesen Banken nimmt der Umfang der Risiken, die US-Banken an Verbindlichkeiten im Zusammenhang dieser geradezu explosiven außerbörslich gehandelten unregulierten Finanzderivate halten, dramatisch ab. Um die Größenordnung klarzustellen: ausgeschrieben ist eine Billion 1.000.000.000.000, also eine Zahl mit zwölf Nullen. Steuergelder diesen fünf Banken in den Rachen zu schmeißen ohne deren Geschäftspraktiken zu verändern, ist das Gleiche, wie einen Alkoholiker mit einem unbegrenzten Vorrat an Schnaps zu versorgen.

Die bis zum jetzigen Zeitpunkt gewährten Finanzspritzen der US-Regierung für den Versicherungskonzern AIG in Höhe von 180 Milliarden Dollar wurden im Wesentlichen dafür verwandt, die Verbindlichkeiten von AIG an Credit Default Swaps zu bezahlen, die AIG gegenüber den anderen Spielern in diesem großen Finanzcasino wie Goldman Sachs, Citibank, JP Morgan Chase und Bank of America hat, also den Banken, die glauben, sie seien »zu groß, um bankrott zu gehen«. Diese fünf Banken glauben jetzt sogar, sie wären so groß, dass sie der US-Bundesregierung die Politik vorschreiben können. Verschiedentlich wurde die ganze Entwicklung bereits als »Putsch der Bankiers« bezeichnet. Das Ganze ist alles andere als gesund.

Das ist also das »schmutzige, kleine Geheimnis«, das Geithner und die Finanzelite der Wall Street mit allen Mitteln bewahren wollen; denn wenn das ans Licht käme, dann würde sich das Interesse der Wähler auf die wirklichen Lösungsmöglichkeiten des Problems konzentrieren. Die US-Regierung verfügt schon seit Langem über die gesetzlichen Instrumente, um mit bankrotten Banken umgehen zu können. Die Bundeseinlagenversicherung FDIC unterwirft diese Banken einem ordentlichen Bankrottverfahren, d.h. sie übernimmt die Treuhänderschaft über diese Finanzinstitute und listet ihre Verbindlichkeiten und Vermögenswerte mithilfe von unabhängigen Wirtschaftsprüfern im Einzelnen auf. Das inkompetente Management wird gefeuert, Aktionäre verlieren einiges an Anteilen und, wenn nötig, wird die Bank schließlich in kleinere Einheiten aufgeteilt, die – falls sie gesund und lebensfähig sind – an interessierte Investoren verkauft werden. Auf diesem Wege könnten die fünf Megabanken, die in ihrem Größenwahn meinen, sie könnten eine ganze Nation in Geiselhaft nehmen, zurechtgestutzt werden. Ooooh. Na und?

Genau das wollen die Wall Street und Geithner jetzt mit allen Mitteln verhindern. Das Finanzproblem konzentriert sich in diesen fünf Großbanken. Der Finanzkrebs muss von der US-Bundesregierung isoliert und eingedämmt werden, damit der Körper, die Realwirtschaft, wieder gesund werden und effizient arbeiten kann.

Diese Banken müssen einem ordentlichen Bankrottverfahren unterworfen werden, einem Prozess, den man auch Verstaatlichung nennt. Jede Stunde, die die Obama-Regierung ungenutzt verstreichen lässt, ohne diese Maßnahme in Angriff zu nehmen und umfassend eine unabhängige Kontrolle durch die zuständigen Regierungsstellen vorzunehmen, bei der die wahre Liquiditäts- oder Illiquiditätslage dieser fünf US-Banken (und vielleicht noch einigen anderen) festgestellt wird, wird die Kosten im Zuge der völlig außer Kontrolle geratenen Derivatverluste für die US-Ökonomie und die Weltwirtschaft in astronomische Höhen treiben. Das ist bei der gegenwärtigen Entwicklung sozusagen programmiert, denn die Vertiefung der Wirtschaftsrezession bringt einen Anstieg der Unternehmensbankrotte mit sich und führt zu einer dramatischen Zunahme der Ausfälle bei Eigenheimhypotheken und einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Diese Entwicklung lassen US-Finanzminister Geithner sowie Larry Summers und auch Präsident Obama der (verantwortlichen Regierungs-) Kontrolle entgleiten, egal ob Obama sich nun Zeit nimmt, darüber nachzudenken und zu begreifen, was jetzt alles auf dem Spiel steht.

Sobald die fünf Problembanken von der Bundeseinlagenversicherung FDIC und dem US-Finanzministerium isoliert worden sind, muss die US-Regierrung Gesetze vorlegen, mit denen umgehend alle von Larry Summers initiierten Deregulierungsmaßnahmen der US-Bankgeschäfte zurückgenommen werden – inklusive der Wiederinkraftsetzung des »Glass-Steagall Acts« und Außerkraftsetzung des »Commodity Futures Modernization Acts of 2000«, die den jetzigen kriminellen Missbrauch des Vertrauens in die Bankgeschäfte erst ermöglicht haben. Dann kann eine ernsthafte Debatte über die Reform des Finanzsystems beginnen: an erster Stelle muss dabei die Frage geklärt werden, wie die US-Zentralbank Federal Reserve tatsächlich zu einer »Bundes«behörde gemacht werden kann, aber auch, wie man den privaten Bankiers bzw. Banken wie JP Morgan Chase, Citibank oder Goldman Sachs die Macht der Geldschöpfung wieder aus den Händen nehmen kann.


Quelle : F. William Engdahl

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