Die Agentur für Arbeit hilft Unternehmen bei der Erstellung von Datenbanken mit intimen Daten von Bundesbürgern. In Deutschland gibt es viele Datenschutzbeauftragte. Angeblich sorgt man sich ja um den Datenschutz. Doch zugleich zwingt die Agentur für Arbeit Bürger dazu, Unternehmen beim Aufbau obskurer Datenbanken zu helfen.
Können Sie sich vorstellen, dass die Agentur für Arbeit Unternehmen dabei hilft, den Datenschutz zu verletzten und Datenbanken von Bürgern anzulegen, die dann für viel Geld verkauft werden? Der Trick ist einfach, genial – und profitabel. Und wie funktioniert das?
Die Agentur für Arbeit hat ein großes Interesse daran, möglichst viele Arbeitslose in Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Vor diesem Hintergrund freut man sich dort, wenn Unternehmen freie Arbeitsplätze melden. Und Unternehmen, die in Wahrheit gar keine Arbeitsplätze anbieten, freuen sich ebenfalls.
Wer als Arbeitsloser von der Agentur für Arbeit ein solches freies »Arbeitsplatzangebot« bekommt, der muss sich dort in der Regel innerhalb von drei Werktagen melden. Und immer mehr Arbeitslose machen dann vor allem als potentielle Leiharbeiter eine interessante Erfahrung: Noch bevor man den Personalchef überhaupt zu sehen bekommt, muss man einen »Bewerberfragebogen« ausfüllen. Name, Anschrift, Festnetz- und Mobilnummer, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand, Haushaltsgröße, Hobbies, erlernter Beruf etc. werden abgefragt. Doch nicht nur das: Weil ja angeblich ein Arbeitsplatz angeboten und Geld überwiesen wird, benötigt man auch die Bankverbindung, Kontonummer, Sozial- und Rentenversicherungsnummer – und häufig sogar die Kopie des Personalausweises. Wer sich weigert, die vorgenannten Daten herauszugeben, der wird bei der Agentur für Arbeit als »renitent« gemeldet. Und die Agentur für Arbeit leitet dann entsprechende Verfahren gegen den angeblich »Arbeitsunwilligen« ein.
Sie ahnen, was hier in Wahrheit passiert? Die präventive Datenbank eines rein virtuellen Unternehmens, das ständig von wechselnden Adressen neue »freie« Arbeitsplätze an die Agentur für Arbeit meldet, ist schnell komplett ausgestattet, beinhaltet sogar die Kopien von Personalausweisen. Diese werden an Drittunternehmen verkauft. Von Meinungsforschungsinstituten bis hin zu Direktvermarktern gibt es ein großes Interesse daran, alles über potentielle Zielgruppen zu wissen. Und die Agentur für Arbeit hilft – unwissentlich – bei dieser Arbeit. Und die von ihr zu den »Unternehmen« geschickten Bewerber können von Glück sagen, wenn sie wenigstens eine Absage für den »neuen Job« bekommen. Meist lässt man sie nämlich einfach stehen, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. Die Agentur für Arbeit kennt das Problem. Aber was soll man machen – ein Gütesiegel für Arbeitgeber einführen?
Nach Kapitel 8 des Sozialgesetzbuches II haben Erwerbslose eine Mitwirkungspflicht beim Bemühen um einen neuen Arbeitsplatz. Doch so wie nach dem Personalausweisgesetz nur ermächtigte Behörden – und eben nicht Unternehmen – den Personalausweis zur Vorlage anfordern können (PersAuswG § 1 Ausweispflicht), so beinhaltet das Persönlichkeitsrecht das Recht, die Herausgabe bestimmter persönlicher Daten an Unternehmen zu verweigern. Doch welcher Erwerbslose traut sich, bei einer »Bewerbung« auf Personalausweisgesetz, Persönlichkeitsrecht und Datenschutz zu bestehen? Das wissen die Unternehmen – und machen weiter.
Mittwoch, 06.05.2009
© Das Copyright dieser Seite liegt, wenn nicht anders vermerkt, beim Kopp Verlag, Rottenburg
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen